Industrie 4.0 und Messtechnik

Die Übertragung der Konzepte und Ideen von Industrie 4.0 in die betriebliche Praxis der Stahlindustrie und weiterer Branchen der Prozessindustrie ist ein wichtiges Thema der angewandten Forschung.
Das BFI hat sehr früh damit begonnen, moderne IT-Methoden zu nutzen, um anstehende Aufgaben der Produkt- und Qualitätsverfolgung, der Qualitätsfehlerursachenanalyse, der Prozessautomatisierung oder der Materialzuteilung zu lösen. Im Folgenden einige Beispiele:

Vertikale Integration und vernetzte Produktion

Smart Coil
Smart Coil

Auf der Basis geeigneter Datenbankkonzepte (SQL oder NoSQL) wurden Lösungen zur werksweiten Speicherung aller Prozess- und Produktdaten entwickelt, wobei die Abbildung der kompletten Materialgenealogie eine notwendige Voraussetzung ist. In verschiedenen Projekten wurden diese umfangreichen Daten dann zur prozessstufenübergreifenden Entscheidungsunterstützung (siehe IConSys) oder zur ebenfalls prozessstufenübergreifenden Ursachenanalyse von Oberflächenfehlern genutzt (siehe EvalHD).

Selbstorganisation

Selbstorganisation in der Produktion
Selbstorganisation in der Produktion

Zur Realisierung der Suche eines alternativen Auftrags zu einem
Produkt (hier: Coil), das seine Spezifikation nicht eingehalten hat, wurde ein „virtueller Marktplatz“ mittels Softwareagenten realisiert (siehe I2MSteel). Hierbei dienen semantische Beschreibungen der Prozesskette sowie mathematische Modelle als Grundlage. Gegenüber einem konventionellen Ansatz wurde eine deutlich erhöhte Trefferquote der Zuteilung erreicht.
In einem noch laufenden Projekt wird der selbstorganisierte Ablauf der Produktion eines Coils von der Warmbandstraße über die Coildusche bis zur Beize realisiert (siehe SoProd). Angestrebt werden hier ein verringerter Energieverbrauch und eine erhöhte Flexibilität der Produktion.

Automatisierung von Prozessketten

Auf der Basis geeigneter Informationsflüsse zwischen Anlagen einer längeren Prozesskette werden Lösungen zur übergreifenden Automatisierung von Prozessketten realisiert. Beispiele sind die Temperaturführung in einem Stahlwerk vom Abstich einer Schmelze am Elektrolichtbogenofen oder Konverter bis zu ihrem Vergießen in der Stranggießanlage (siehe TotOptLiS), oder auch die prozessstufenübergreifende Vergleichmäßigung von Zugfestigkeit und Streckgrenze über der Bandlänge (siehe StrengthControl). Verwendete Prozessmodelle passen sich mittels moderner Algorithmen selbstlernend an geänderte Prozessbedingungen an (siehe PerMonLiSt).

Big Data und Big Data Analytics

Big Data und Data Analytics
Big Data und Data Analytics

Umfangreiche industrielle Daten aus der Produktion sind für uns seit langer Zeit die Basis für detaillierte Analysen. Hierbei kommen Methoden des Data Mining sowie Verfahren der Big Data Analytics (z.B. Streaming, Deep Learning) zum Einsatz. Insbesondere ist das BFI
auf den Umgang mit industriellen Daten spezialisiert.
Anwendungsbeispiele sind die Analyse großer Mengen von Oberflächeninspektionsdaten (siehe EvalHD), die schnelle Suche nach ähnlichen Prozesssituationen in Prozesssignalen über lange Zeiträume (siehe SitErk) oder die Kombination von Semantik mit Data Mining zur Ursachenfindung von Qualitätsfehlern in hochaufgelösten Prozesssignalen (siehe Presed).

Cyber-physische Systeme

autonom fliegende Drohne
autonom fliegende Drohne

Assistenzsysteme in unterschiedlicher Form bilden als eine Spielform sogenannter cyber-physischer Systeme die Grundlage von Industrie 4.0. Im Rahmen eines aktuellen Projektes (siehe DromoSPlan) entwickelt das BFI eine autonom fliegende und mit Kamera sowie verschiedenen Sensoren ausgerüstete Drohne zur Überwachung von Rohrleitungen in der Stahlindustrie.

Mess- und Prüftechnik

Ohne ausreichende online Informationen über den Zustand des Produktionsprozesses und die Qualitätsparameter des Produktes sind weder Regelungen von Einzelanlagen noch die oben angesprochenen Industrie 4.0 Lösungen realisierbar. Hier bietet das BFI seit langer Zeit innovative Ideen und Lösungsansätze für die Mess- und Prüftechnik und ist im Bereich der Planheitsmesstechnik von Flachstahl mit führend in der Welt. Hier eine Auswahl unserer mess- und prüftechnischen Themenfelder:

  • Faseroptische Sensoren zur Messung der Temperatur in metallischen Schmelzen (siehe MeltCon) oder der Temperaturverteilung im Kokillenrohr (siehe FOMTM).
  • Prozessüberwachung mittels Kameratechnik (visuell und infrarot) und Bildverarbeitung: Spüleffizienz der Schmelzenbehandlung in Spülstand (siehe DynStir) und
    Modell Virtueller Hochofenschacht

    Vakuumanlage (siehe EffiDynVac), Abschlacken (siehe OptDeSlag) und Schlackemitlaufen, Analyse Prozesszonen und Permeabilität im Hochofen-Schacht (siehe TopTemp, Stackmonitor)

 

 

  • Ultraschalltechnik zur Messung von Eisen- und Säuregehalt in Beizen
  • Überwachung der Feststoffkonzentration in Prozesswässern mittels Magnettechnik (siehe Feststoffsensor)

  • Planheitsmessung an zuglosen Bändern mittels TopPlan sowie an Bändern unter Zug mit der BFI Planheitsmessrolle; neu: mit integrierter Temperaturmessung

 

  • Detektion von Zunder sowie die Messung sehr dünner Schichten an Bändern
  • Messung des Brennwertes von Gasen (siehe DynGas)

  • Prüfung von Oberflächen- und Innenfehlern mittels Ultraschall an Brammen (siehe NDTSlab), Bändern, Drähten und Stäben (siehe FIDUS)

 

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